Es ist Sommerzeit. Es ist warm. Die Menschen zieht es nach draußen. Der Himmel ist blau, das Leben leicht – bis plötzlich dunkle, bedrohliche Wolken aufziehen. Ein Donnergrollen kündigt an, was viele zu spät ernst nehmen: Ein Gewitter rollt an. Und mit ihm die Gefahr, von einem Blitz getroffen zu werden.
Jahr für Jahr sterben Menschen, weil sie sich falsch verhalten. Nicht, weil sie dumm sind – sondern, weil sie die falsche Entscheidung im falschen Moment treffen. In Österreich wurden erst kürzlich drei erfahrene Bergsteiger vom Blitz erschlagen. Auf offenem Gelände, weit weg von Schutzmöglichkeiten. Auch Golfer trifft es, Spaziergänger, Camper, Festivalbesucher. Und immer wieder Menschen, die sich unter einen Baum stellen – als gäbe es keine hundertfach dokumentierten Warnungen davor.
Die meisten glauben, sie hätten noch Zeit. Noch ein paar Minuten, bevor das Unwetter da ist. Noch schnell den Abstieg beginnen. Noch schnell den Ball schlagen. Noch schnell das Handy checken. In Wirklichkeit ist diese trügerische Ruhe die gefährlichste Phase: Die ersten Blitze schlagen oft ein, bevor überhaupt Regen fällt. Die Statistik zeigt: In Mitteleuropa gibt es rund zwei Millionen Blitzeinschläge pro Jahr. Die allermeisten ohne Folgen. Aber wenn es einen trifft, dann ist der Preis hoch – und der Moment endgültig.
Wie entsteht ein Blitz?
Blitze sind elektrische Entladungen gigantischen Ausmaßes. Sie entstehen in Gewitterwolken – sogenannten Cumulonimbus – wenn aufsteigende warme Luft und abfallende Kaltluft aufeinandertreffen. Dabei laden sich die oberen Bereiche der Wolke negativ, die unteren positiv auf. Irgendwann wird die elektrische Spannung so groß, dass sie sich entlädt. Die Entladung erfolgt innerhalb der Wolke, zwischen zwei Wolken – oder Richtung Boden. Und genau dort wird es für uns Menschen lebensgefährlich.
Der sichtbare Blitz ist nur der finale Teil. Zuvor tastet ein sogenannter Leitblitz den Weg. In Millisekunden bildet sich dann ein Rückstromkanal – und ein Stromschlag von mehreren hundert Millionen Volt schießt durch die Luft. Temperaturen von über 30.000 Grad Celsius entstehen, heißer als die Oberfläche der Sonne. Die Luft dehnt sich schlagartig aus – und der Donner kracht.
Blitze suchen sich den kürzesten Weg zum Boden. Das kann ein Kirchturm sein, ein Mast, eine Baumkrone – oder eben ein Mensch. Besonders gefährdet sind Menschen auf freien Flächen, in den Bergen, auf Booten oder an Gewässern. Der Körper wird dabei nicht zwangsläufig direkt getroffen – oft erfolgt der Stromfluss über den sogenannten Bodenstrom, der sich rund um den Einschlag ausbreitet. Wer barfuß oder mit nassen Schuhen steht, ist Teil dieses Stromkreises. Und wird im schlimmsten Fall selbst zur Erdung.
Warum Blitze so gefährlich sind
Ein Blitz kann das Herz stillstehen lassen. Und zwar sofort. Der Stromfluss über den Körper kann zu Kammerflimmern führen, bei dem der Herzmuskel unkoordiniert zuckt, statt Blut zu pumpen. Innerhalb weniger Sekunden wird das Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Ohne Reanimation ist das tödlich.
Hinzu kommen schwere Verbrennungen, neurologische Schäden, irreparable Muskelverletzungen. Viele Überlebende berichten von Gedächtnisverlust, Sprachstörungen, chronischen Schmerzen. Mancher überlebt – und lebt danach nicht mehr wirklich.
Doch der direkte Blitzschlag ist nur ein Teil der Gefahr. Auch sogenannte Seiteneinschläge über Metallteile – zum Beispiel Zäune, Fahrräder, Angelruten – können tödlich enden. Oder der sogenannte Schrittspannungseffekt: Wer mit weit auseinander stehenden Beinen in einem Stromfeld steht, bei dem die Spannung am einen Fuß höher ist als am anderen, riskiert eine tödliche Stromdifferenz im Körper. Das passiert oft bei Einschlägen in Wiesen oder Sportplätzen.
Viele unterschätzen auch den Effekt von Wasser. Seen, Flüsse, Pools: Ein Blitz, der ins Wasser schlägt, verteilt seine Energie großflächig. Wer in der Nähe schwimmt oder watet, wird Teil des Stromkreises. Selbst Regenschirme oder Selfiesticks aus Metall können zur Falle werden. Sie verändern das elektrische Feld um uns herum – und machen uns zum bevorzugten Ziel.
Was man tun kann – und was nicht
Die wichtigste Regel ist banal – aber entscheidend: Bei Gewitter sofort Schutz suchen. Und zwar nicht irgendwann, sondern in dem Moment, in dem der erste Donner zu hören ist. Faustregel: Wenn der Abstand zwischen Blitz und Donner weniger als 30 Sekunden beträgt, ist das Gewitter in gefährlicher Nähe. Dann gilt: Raus aus offenem Gelände. Raus aus dem Wasser. Schutz suchen in den Bergen, wenn ein Abstieg nicht so schnell möglich ist.
Autos mit geschlossenem Metallrahmen bieten relativ sicheren Schutz – sie wirken als Faradayscher Käfig. Gleiches gilt für Züge oder Busse. Auch massive Gebäude mit Blitzschutzanlage sind sichere Orte. Nicht geeignet sind Unterstände aus Holz, offene Schirme, Zelte oder einzelne Bäume. Wer auf freiem Feld überrascht wird, sollte sich in eine Hockstellung begeben – Füße eng zusammen, Arme anlegen, Kopf einziehen. Und vor allem: nicht hinlegen, nicht rennen, nicht telefonieren.
Moderne Smartphones sind in der Regel keine Blitzmagneten – aber durch die Ablenkung riskieren viele, die Umgebung nicht mehr im Blick zu haben. Auch das kann tödlich enden. Wer unbedingt draußen sein muss – etwa bei Wanderungen – sollte eine Wetter-App mit Unwetterwarnungen aktivieren und Touren rechtzeitig abbrechen, wenn sich ein Gewitter ankündigt.
Die Zahl der Blitzopfer ist in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen. Auch, weil das Wissen um die Gefahr gestiegen ist. Und weil viele gelernt haben, dass Naturgewalten nicht verhandelbar sind. Aber es bleiben jedes Jahr Einzelfälle, die sich wie Mahnungen lesen: Ein Golfer, der den letzten Putt spielen wollte. Eine Joggerin, die die Strecke noch zu Ende bringen wollte. Ein Vater mit Kind, der dachte, der Baum sei Schutz.
Blitze sind beeindruckend. Mächtig. Unberechenbar. Und tödlich. Wer sie unterschätzt, spielt ein Spiel, das man nur einmal verliert.
ⓘ Ein Blitz ist eine elektrische Entladung mit mehreren hundert Millionen Volt und Temperaturen von über 30.000 °C. Die Entstehung basiert auf Spannungsunterschieden innerhalb von Gewitterwolken oder zwischen Wolke und Boden. Besonders gefährlich ist nicht nur der direkte Einschlag, sondern auch die sogenannte Schrittspannung im Erdreich rund um den Einschlagsort. Faustregel: Bei weniger als 30 Sekunden zwischen Blitz und Donner besteht akute Gefahr – dann sollte man Schutz in Gebäuden oder Autos suchen. Unter Bäumen, auf freiem Feld oder im Wasser besteht Lebensgefahr.
Quellen-Nachweis
Deutscher Wetterdienst (DWD): https://www.dwd.de
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: https://www.bbk.bund.de
Blitzinformationsdienst von Siemens (BLIDS): https://www.blids.de
Stiftung Warentest zu Blitzschutz: https://www.test.de
International Lightning Safety Council: https://lightningsafetycouncil.org