Wenn Webseiten verschwinden – DNS-Sperren erkennen & umgehen
Man kennt das. Eine Seite lädt nicht. Kein Hinweis, kein „404“, kein „Server nicht gefunden“. Nur ein leeres Nichts – digitaler Nebel, der sich über eine Seite gelegt hat, als wäre sie nie dagewesen. Der Verdacht: Diese Seite wurde blockiert. Von wem? Vom eigenen Internetanbieter. Der Täter: Vodafone. Die Waffe: DNS-Sperre. Das Motiv? Unklar. Vielleicht Urheberrecht. Vielleicht politischer Druck. Vielleicht einfach nur Bequemlichkeit.
Was wie ein technischer Fehler wirkt, ist in Wahrheit eine heimliche Einschränkung – ohne Urteil, ohne Anhörung, ohne echte rechtliche Grundlage. Der Bürger zahlt für ein offenes Netz – und bekommt ein zensiertes.
Der Fall Vodafone
Die Liste der gesperrten Seiten? Nicht öffentlich. Nicht aktuell. Vielleicht existiert sie gar nicht, jedenfalls nicht für den Kunden. Der Kunde soll nicht wissen, was ihm fehlt. Und wer fragt, bekommt bestenfalls eine AGB-Textstelle – schlecht lesbar, noch schlechter begründet.
Doch wo steht eigentlich im Vertrag, dass Vodafone das darf?
Eine Durchsicht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zeigt: Es gibt keinen klaren Passus, der solche Eingriffe rechtfertigt. Eine vorsorgliche Klausel, nebulös wie der Nebel auf dem Bildschirm: „Zur Wahrung gesetzlicher Pflichten behalten wir uns vor…“ – mehr nicht. Kein Gesetz. Kein Urteil. Keine transparente Berufung auf geltendes Recht. Dafür aber ein aktiver Filter.
Der Bürger als Risiko
Was Vodafone (und andere) hier tun, ist ein Eingriff in das Grundverständnis des freien Internets. Und schlimmer: ein Eingriff in die Selbstbestimmung. Denn hinter jeder DNS-Sperre steht nicht nur die Idee, „Illegales“ zu verhindern – sondern das Misstrauen gegenüber dem Nutzer. Die unausgesprochene Botschaft lautet: „Wir glauben, du könntest etwas Falsches tun. Deshalb nehmen wir dir die Entscheidung ab.“
Wer so handelt, hält den Nutzer nicht für einen Bürger, sondern für ein Kind. Für einen, der geführt werden muss. Der keine Verantwortung tragen kann. Das ist nicht Fürsorge, das ist Bevormundung. Und damit wird das Netz zur pädagogischen Maßnahme, zur Vorschule der Demokratie – kontrolliert vom Konzern.
Rechtlich? Fragwürdig
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) verlangt eigentlich, dass Provider solche Sperren melden. Im Idealfall: jeden einzelnen Fall. Mindestens quartalsweise. Doch ob Vodafone das tut? Unklar. Die BNetzA selbst hält sich bedeckt. Man will nicht öffentlich streiten, man beobachtet, man prüft. Presseanfragen verlaufen im Sand.
Dabei ist die Rechtslage keineswegs eindeutig: DNS-Sperren dürfen nur nach gerichtlicher Anordnung erfolgen. Alles andere: Grauzone. Und genau hier operieren Vodafone & Co.
Vor allem aber: Kein einziger Cent fließt an den angeblich „geschädigten“ Urheber. Kein Musiker, kein Autor, kein Journalist wird für die Sperrung entschädigt. Die Maßnahme dient allein dem Provider – zur Schadensvermeidung, zur Imagepflege. Und das auf Kosten der Öffentlichkeit.
Die digitale Gated Community
Wenn Konzerne beginnen, das Internet zu filtern, entsteht ein gefährlicher Präzedenzfall. Heute trifft es vermeintlich „illegale“ Inhalte. Morgen vielleicht politisch unliebsame Meinungen. Es beginnt mit Kinofilmen, endet bei kritischem Journalismus.
Die Infrastruktur wird zur Meinungsmacht. Und wer den Zugang kontrolliert, kontrolliert die Debatte.
Fragt man sich: Was treibt die Geschäftsführer solcher Unternehmen an? Gibt es da eine Meinung? Eine Ethik? Oder ist es schlicht Pragmatismus – der Wille, keine Schlagzeilen zu riskieren, keine Prozesse zu verlieren, keine Verantwortung zu übernehmen?
Die Antwort: Schweigen. Ein Schweigen, das in seiner Lautstärke erschreckt.
VPN und DNS – wenn das Gegenmittel vom Täter kommt
Doch es gibt eine weitere, noch bizarrere Wendung im Spiel der digitalen Blockwarte: Viele dieser Netzbetreiber – darunter auch Vodafone – gehören nicht nur zu den Hochpreis-Anbietern, sie verkaufen inzwischen auch selbst VPN-Dienste, mit denen sich ihre eigenen Sperren umgehen lassen. Ja, man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen.
Da wird das Netz künstlich verengt – und der Schlüssel zur Hintertür liegt käuflich im selben Shop. Das ist, als würde man verfaulte Tomaten in Dosen abfüllen und gleich daneben das Medikament gegen Bauchweh anbieten. Nur eben nicht im Supermarktregal, sondern im digitalen Netzwerk eines milliardenschweren Konzerns.
Und während der Bürger glaubt, geschützt zu werden, wird er in Wahrheit doppelt zur Kasse gebeten: Für ein eingeschränktes Internet. Und für die Befreiung daraus. Ein Geschäftsmodell auf dem Rücken der Mündigkeit.
Ein Aufruf zur Mündigkeit
Was tun?
– Nutzer sollten von Vodafone eine schriftliche Offenlegung der Sperrlisten verlangen.
– Jeder kann eine Minderung der monatlichen Gebühr fordern – wegen nicht erbrachter Leistung.
– Die BNetzA muss informiert werden – am besten gebündelt, öffentlich, dokumentiert.
Denn das Internet ist kein Abenteuerspielplatz mit Regeln von oben. Es ist das digitale Abbild unserer Freiheit. Wer diese einschränkt, ohne zu fragen, ohne zu begründen, greift tief in unsere Gesellschaft ein.
Der Staat darf keine Zensur ausüben – heißt es im Grundgesetz. Gilt das auch für Unternehmen, die den Zugang kontrollieren?
Wir müssen es fragen. Wir müssen es einfordern.
Denn in einer Demokratie darf der Bürger auch Fehler machen. Er darf auf falsche Seiten gehen. Er darf sich irren, lesen, denken, lernen. Wer ihm das verwehrt, macht ihn nicht sicherer – sondern dümmer.
Und die Dummheit war noch nie ein guter Wegweiser für die Freiheit.
Was tun, wenn das Netz plötzlich löchrig wird?
1. DNS-Server wechseln
Vodafone sperrt über eigene DNS-Server. Wer Cloudflare (1.1.1.1) oder Google DNS (8.8.8.8) nutzt, kann viele Sperren umgehen – ganz ohne Zusatz-Software.
Achtung: Immer mehr Provider versuchen, das im Router zu blockieren. In Leihgeräten ist diese Funktion oft deaktiviert.
Tipp: Eigene Fritz!Box nutzen!
2. VPN verwenden
VPN-Dienste leiten Datenverkehr über andere Länder. Auch Vodafone bietet selbst VPNs an – kostenpflichtig.
3. Widerspruch einlegen
Kundenservice anschreiben. Leistung mindern lassen.
4. BNetzA informieren
Zensur melden unter: www.bundesnetzagentur.de