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Ein Ritual zwischen Schuldgefühl und Blumenindustrie

by Thomas Wendtland
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Der Valentinstag ist wie ein leises Räuspern in der Geschichte der Liebenden – eine Stimme aus einer fernen Vergangenheit, die heute noch das Portemonnaie erleichtert. Eine kirchliche Angelegenheit, zweifellos, aber wie so vieles, was einst in der sakralen Sphäre begann, ist er längst in die Hände jener übergegangen, die mit rührseligen Werbeslogans und druckvollen Kaufanreizen den modernen Menschen an den Rand seiner Schamgrenze bringen.

Ein Heiliger als Blumenhändler?

Seine Wurzeln reichen ins 3. Jahrhundert zurück, als der römische Priester Valentin von Terni sich das Unglaubliche leistete: Er traute verliebte Soldatenpaare gegen den Willen des Kaisers. Der römische Kaiser Claudius II. hielt nichts von Liebe, sondern schätzte disziplinierte, ungebundene Männer, die bereit waren, für ihn in den Krieg zu ziehen. Valentin dagegen glaubte an die Kraft der Ehe und an eine höhere Ordnung, die nicht von kriegerischen Herrschern, sondern von liebenden Herzen diktiert wurde. Seine Standhaftigkeit wurde ihm zum Verhängnis – der Mann, nach dem heute billige Pralinenschachteln benannt werden, endete enthauptet.

Die Kirche übernahm später diesen Gedenktag, doch aus einem Märtyrerfest wurde eine romantisierte Pflichtveranstaltung für Männer, die sich weniger mit der Liebe als mit der unausgesprochenen Erwartung ihrer Frauen und erwachsenen Töchter konfrontiert sehen.

Das schlechte Gewissen als Geschäftsmodell

Irgendwann bemerkte die florierende Wirtschaft, dass zwischen der ursprünglichen Bedeutung und der modernen Praxis eine lukrative Lücke klaffte. So mutierte der Valentinstag vom stillen Gedenken an einen aufrechten Geist zu einer stressgeladenen Materialschlacht. In den USA begannen Mitte des 19. Jahrhunderts findige Unternehmer, Grußkarten mit Herzen und Versen zu vertreiben. Bald folgten Pralinen, Blumen und Schmuck – kleine Gesten, die dem Mann suggerieren: „Liebst du mich wirklich, dann beweise es in Form eines käuflichen Gegenstands.“

Das Interessante daran: Die Inszenierung des Valentinstags richtet sich fast ausschließlich an Männer. Während Frauen sich mit einem wohlwollenden „Ich brauche nichts, aber es wäre schön …“ in eine moralische Überlegenheit manövrieren, treibt es die Herren der Schöpfung in die verzweifelte Hetzjagd nach etwas, das gleichzeitig symbolisch und nicht zu teuer sein darf. Blumenhändler reiben sich die Hände, Schokoladenhersteller verzeichnen ihre stärksten Umsätze nach Weihnachten, und so mancher Mann fragt sich, warum er nicht einfach ein Abo für eine platonische Grußkartenflatrate abschließen kann.

Von höfischen Minnegesängen zu Instagram-Romantik

Im Mittelalter war die Liebe eine komplizierte Sache. Ritter schrieben Verse, Minnegesang erklang auf Burghöfen, und die Dame des Herzens wurde durch Taten von heroischer Bedeutung beeindruckt. Die große Geste galt als Ausdruck tiefer Verbundenheit. Heute hat sich das leicht verändert: Das Minnegedicht ist ein Instagram-Post, die heroische Tat ist der rechtzeitig gekaufte Blumenstrauß.

Die Globalisierung hat den Valentinstag dabei längst in neue Dimensionen katapultiert. In Japan etwa schenken Frauen den Männern Schokolade – allerdings mit einer feinen Unterscheidung zwischen „Giri-Choco“ (Pflichtschokolade für Kollegen) und „Honmei-Choco“ (Schokolade für die wahre Liebe). Männer haben dann einen Monat später, am sogenannten „White Day“, die Ehre, ihre Dankbarkeit mit Geschenken zu übertrumpfen. Ein Geschäftsmodell mit Verzögerungseffekt.

Liebe oder Logistik?

Und so bleibt der Valentinstag ein Datum, das nicht nur aus tiefen Emotionen besteht, sondern auch aus tiefer Berechnung. Er ist eine fragile Balance zwischen Romantik und sozialem Druck, ein unsichtbarer Richter über die Qualität unserer Zuneigung, der seine Urteile in Form von vergessenen Geschenken oder peinlich genau erinnerten Vergehen fällt.

Vielleicht wäre es an der Zeit, den alten Valentin wieder aus dem Schatten der Konsumwelt zu holen. Denn wenn dieser Mann damals für die Liebe sein Leben ließ, sollte es heute nicht ausreichen, einfach nur präsent zu sein, statt eine Präsenz zu schenken?

Nicht alles zu ernst nehmen!

Natürlich sollte man diesen Artikel mit einem Augenzwinkern lesen. Bei yivee.de sehen wir es als unsere Pflicht, auf humorvolle Weise darauf hinzuweisen, dass der nächste Aufmerksamkeitstag für die Liebe schon bald vor der Tür steht – ob es der Hochzeitstag, der Jahrestag des ersten Kusses oder einfach nur der nächste gut platzierte Werbespot für romantische Geschenkideen ist. Also, entspannt euch, Männer – die nächste Gelegenheit, mit einer kleinen Geste das Gewissen zu beruhigen, kommt bestimmt.

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