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Sommerwärme über Deutschland

von Carsten Bornhöft

Die deutschen und internationalen Wetterdienste melden eine markante Erwärmung, verursacht durch eine sehr warme Luftmasse, die sich von Südwesteuropa bis nach Nordosteuropa erstreckt. Dieses Temperaturhoch gilt meteorologisch nicht als ungewöhnlich und bedarf daher keiner medial übersteigerten Alarmberichterstattung.

Angenehme Wärme oder Hitzerekord?

Und dennoch: Es ist etwas anders als zuvor. Anders als in vergangenen Zeiten, in denen Hitzewellen hier und da möglich waren, erleben wir sie nun früher im Jahr und vor allem mit deutlich höheren Temperaturen. In Spanien sind inzwischen Werte bis 50 Grad nicht ausgeschlossen, und nahezu jede dieser Warmluftperioden knackt neue Temperaturrekorde. Soll es ja Leute geben, die wider jeglicher wetterklimatischer Fakten behaupten, das sei ganz normal, Hitzewellen habe es schließlich immer gegeben. Doch die Fakten, auf die sich auch Klimaleugner so gern berufen, sprechen eine andere Sprache: Der Golf von Biscaya liegt derzeit bis zu fünf Grad über dem langjährigen Durchschnitt, das Mittelmeer bis zu drei Grad darüber. Natürlich ist auch das noch Wetter, aber ein Wetter, das spürbar extremer wird. Mit steigenden Temperaturen werden auch Starkregenereignisse heftiger, und diese Entwicklungen lassen sich nicht einfach weglächeln.

Extreme Gegensätze in der Wetterlage

Die sehr warme Luftmasse, die von Südwesten nach Nordosten zieht, trifft im Norden auf ein Tiefdruckgebiet mit ungewöhnlich kalter Luft. Dadurch entstehen markante Temperaturgegensätze — ein Muster, das meteorologisch durchaus als Anomalie gilt. Diese Gegensätze verstärken Unwetterpotenziale, was neben Hitze auch heftige Gewitter und Starkregen wahrscheinlicher macht. Und genau hier taucht dann in schöner Regelmäßigkeit ein Name auf, der bei Klimaleugnern als Unperson des Jahres gelten dürfte: Mojib Latif. Der Klimaforscher mahnt seit Jahren, „dass sich Wetterextreme häufen werden und sich die Gesellschaft darauf vorbereiten muss“ — ein Satz, der in den Köpfen mancher so klingt, als habe man ihnen ihr Weltbild angezündet. Natürlich dürfen bei diesen Diskussionen auch die öffentlich-rechtlichen Wetterkarten nicht fehlen, die in schrillen Rottönen gefühlt jeden Gartenzwerg zum Schmelzen bringen. Die einen nennen es Panikmache, die anderen Aufklärung — die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo dazwischen.

„Je wärmer es wird, desto häufiger werden auch starke Regenfälle und Hitzewellen.“ Mojib Latif

Wir Menschen können grundsätzlich logisch denken. Selbst jene, die lautstark den Klimawandel leugnen, spüren im Stillen eine Vorahnung, dass etwas aus dem Ruder läuft. Dieses leise Gefühl wird nur zu gern von der einen Seite verdrängt, während die andere Seite es reißerisch ausschlachtet, um Aufmerksamkeit zu heischen. Am Ende dieser Aufgeregtheit steht dann häufig ein politisches Echo, wie aus dem Repertoire schlechter Stammtischparolen: Merkel sei schuld, und besser solle man die AfD wählen, weil dann angeblich nichts mehr passieren würde. Klimaleugner schaffen es, ihre Parolen in jedes gesellschaftliche Thema zu pressen, ganz gleich, wie wenig es eigentlich damit zu tun hat.

„Das Wetter ist lauter geworden — wir müssen genauer zuhören.“ Jörg Kachelmann

Genießen, aber nicht verdrängen

Ja, wir sollten den Sommer genießen: baden, im See planschen, grillen, Rad fahren, die Luft riechen, die nach Korn und Kornblumen duftet. Solange die Temperaturen erträglich bleiben, ist das pure Lebensqualität. Und gleichzeitig dürfen wir überlegen, ob ein Balkonkraftwerk wirklich nutzlos ist oder ob wir es einfach ausprobieren — nicht, um damit die Welt zu retten, sondern vielleicht nur, um zwei Klimaanlagen zu betreiben, die die Wohnung kühlen, ohne dass der Planet dabei in Rauch aufgeht. Kein Gesetz steht dagegen, kein politisches Dogma verbietet es, kreativ zu werden.

Natürlich zeigen bei Klimafragen die Finger immer gern Richtung China, Nord- oder Südamerika, zu den angeblich unverbesserlichen Spritfressern und Monster-Pickups. Doch diese Zeigefinger übersehen oft, dass in China vor allem die Schwerindustrie, die Kohlekraftwerke und die Überseehäfen die größten CO₂-Quellen darstellen — weniger der Privatverkehr, in dem ohnehin Millionen Kleinwagen unterwegs sind, meist made in China oder Mexiko, by Volkswagen oder Seat. Die Welt ändert sich, auch wenn sie nicht gleich den Idealvorstellungen von Klimaaktivisten entspricht.

Vielleicht hilft es, wenn wir lernen, nüchtern hinzusehen: Wetter ist nicht gleich Klima, aber es ist ein Teil davon. Und wenn das Wetter immer verrückter spielt, lohnt sich zumindest ein Blick hinter die Zahlen — ganz ohne Panik, aber eben auch ohne rosarote Brille.

Genießen wir unsere Zeit, lassen wir uns nicht kirre machen von den roten Flecken in den Wetterkarten der öffentlich-rechtlichen Sender oder der privaten Medien, und schon gar nicht von der Springer Presse (Welt und Bild), die gefühlt zweimal täglich den Weltuntergang ausruft. Sorgen wir lieber dafür, dass wir unsere Haut nicht verbrennen, uns vor zu starker Sonneneinstrahlung schützen und bei schwüler Gewitterluft auch mal einen Gang zurückschalten. Vielleicht begreifen wir dann, dass wir auch mal zum Chef sagen dürfen: „Pass auf, Alter, heute ist es zu heiß — ich komme später.“ Wenn der Chef dann schäumt, muss er damit leben, denn wir wollen schließlich leben, und nicht am Hitzekollaps sterben, nur weil irgendwer mehr Mammon braucht. Vielleicht denken wir auch darüber nach, ob wir den nächsten Brief, den wir ohnehin nur selten verschicken, nicht einfach mal mit dem Fahrrad zum Briefkasten bringen, ohne dass wir dabei gleich über China oder Amerika mit dem Autoverkehr nachdenken.

Es ist Sommerzeit, es ist eine schöne Zeit, und es ist unsere Zeit. Genießen wir das Leben.

Mojib Latif (Klimaforscher, Universität Kiel) warnt seit Jahren vor extremeren Wetterlagen infolge steigender Temperaturen. Seine These: „Je wärmer es wird, desto häufiger werden auch starke Regenfälle und Hitzewellen.“ Latif gilt bei Klimaleugnern als rotes Tuch, bei seriösen Meteorologen hingegen als solide Quelle. Jörg Kachelmann (Meteorologe, Moderator) betont, dass Wetterextreme nicht automatisch den Klimawandel beweisen, aber sehr wohl ein Symptom dafür sein können. Sein Credo: „Das Wetter ist lauter geworden — wir müssen genauer zuhören.“

Quellen-Nachweis: DWD, Kachelmannwetter, Geomar Kiel, Universität Kiel, Tagesschau.de

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