Home ErnährungPizza ohne Zucker – warum Geduld besser schmeckt

Pizza ohne Zucker – warum Geduld besser schmeckt

von Carsten Bornhöft
Frisch gebackene Pizza Margherita mit Basilikumblättern auf Holzbrett

Tiefkühlregal oder eigene Küche sind die Fragen, die man sich stellen kann, wenn man Lust auf eine frische saftige Pizza hat. Macht man es schnell oder lässt man dem Teig die notwendige Zeit?

Wer im Supermarkt vor der Tiefkühltruhe steht, blickt auf eine Armee gleichförmiger Schachteln. Darin liegen Scheiben: Scheiben mit Salami, Scheiben mit Schinken, Scheiben in Margherita-Ausführung. Manchmal prangt noch ein großes „Extra Käse“ oder „XXL“ auf dem Karton, als sei damit schon alles gesagt. Doch was sich hinter dieser Aufmachung ebenfalls verbirgt, ist die Zuckerfalle. Der Konsument sollte sein Hauptaugenmerk gerade bei Tiefkühlpizzen auf die Inhaltsstoffe legen – denn fast überall ist Zucker enthalten.

Warum ist das so? Zucker macht die Soße weniger sauer, den Teig schneller locker und die Wurst länger haltbar. Drei Probleme auf einen Schlag gelöst – und für den Hersteller billiger, als Geduld walten zu lassen. Das Ergebnis: eine Pizza, die auf dem Papier nach Italien klingt, in Wirklichkeit aber aus einer Fabrikhalle kommt, in der Zeit der größte Feind ist.

Wer sich die Zahlen ansieht, erkennt die Dimension. Durchschnittlich zehn Gramm Zucker pro Pizza – also drei bis vier Würfel, die still in Teig und Belag verschwinden. Wer eine Packung leert, hat den Tagesbedarf an Süßem fast unbemerkt nebenbei konsumiert. Dass es nicht schmeckt wie Kuchen, macht die Sache noch tückischer: Wir merken es kaum, und gerade deshalb funktioniert es. Zumal Zucker oft nicht als „Zucker“ auftaucht. Wer auf der Zutatenliste Maltodextrin liest, denkt im ersten Moment nicht an Süße, und auch Begriffe wie Glukosesirup oder Dextrose tarnen sich gern als harmlose Zusatzstoffe. In Wahrheit sind es nichts anderes als Varianten derselben Masche – versteckte Zucker, die den Geschmack abrunden und den Verbraucher im Unklaren lassen.

Der andere Weg – ein Teig, der lebt

Dabei ist es gar nicht schwer, Pizza ohne Zucker zu machen. Ein Kilo Mehl, 650 Milliliter Wasser, 28 Gramm Salz und ein erbsengroßes Stück Hefe – mehr braucht es nicht. Der Unterschied liegt nicht in geheimen Zutaten, sondern in der Zeit. Am ersten Tag wird der Teig angerührt, ein paarmal geknetet. Am zweiten Tag ruht er weiter, wird zwischendurch gefaltet. Am dritten Tag hat er eine Struktur, die kein Zucker der Welt ersetzen kann.

Wer diesen Teig bäckt, sieht den Unterschied sofort: Er geht hoch, er trägt den Belag, er riecht nach Brot und nicht nach Fabrik. Die Tomatensoße besteht aus passierten Tomaten, etwas Salz, Kräutern und einem Schuss Olivenöl. Kein Zucker nötig, um die Säure zu kaschieren. Belegt mit Pilzen, Zucchini oder schlicht Mozzarella entsteht ein Essen, das satt macht, ohne versteckte Tricks.

Und ja, es dauert drei Tage. Doch gerade das ist der Punkt. Die Industrie verkauft uns Geschwindigkeit: zwölf Minuten bei 220 Grad. Der selbstgemachte Teig zeigt dagegen, dass Langsamkeit nicht Luxus ist, sondern Geschmack. Es ist ein Unterschied, ob man Hefen arbeiten lässt oder ob man sie mit Zucker aufputscht wie einen Jugendlichen mit Energydrink. Und wer beim Backen nicht aufpasst, zieht am Ende keinen knusprigen Boden aus dem Ofen, sondern ein Backblech mit einem überdimensionalen Keks – steinhart und für die Tonne.

Mehr als Gesundheit – eine Frage der Ehrlichkeit

Die selbstgemachte Variante ist das Gegenteil. Sie ist kein Luxus, keine Lifestyle-Geste, sondern schlicht ein Stück Kontrolle zurück. Wer sie bäckt, entscheidet, was im Essen steckt. Er weiß, dass im Teig kein Gramm Zucker ist und dass die Tomatensoße nicht heimlich versüßt wurde. Es ist der kleine Unterschied zwischen Mahlzeit und Mogelpackung.

Und wer jetzt sagt, das sei nur etwas für die schlanke Linie, täuscht sich: So eine Pizza herzustellen ist kein Problem – weder für den Bauch noch für den Geldbeutel. Ein Kilo Mehl kostet kaum mehr als einen Euro, dazu Salz, Hefe und Wasser für ein paar Cent. Rechnet man noch Tomaten, etwas Basilikum und Käse obendrauf, bleibt man preislich deutlich unter dem, was die Supermarkt-Pizza inzwischen verschlingt. Was die Supermarkt-Pizzen insgesamt kosten, ist ohnehin absurd. Zwar findet man bei den Discountern noch Dreierpacks für sechs Euro, doch ob das wirklich Pizza ist oder eher ein Karton mit runder Deko, muss am Ende jeder Konsument für sich selbst entscheiden.

Dass die Preise gestiegen sind, hat sicher mit Rohstoffen und Energie zu tun. Aber genauso offensichtlich ist: Auf Seiten von Industrie und Handel sitzt eine Gewinnsucht, die sich kaum verbergen lässt. Eine Pizza, die millionenfach vom Band läuft, muss keine sechs Euro kosten – außer jemand will, dass sie so viel kostet.

Natürlich könnte man das Thema auf Gesundheit herunterbrechen. Ärzte warnen vor zu viel Zucker, die Politik diskutiert über höhere Steuern. Aber bei der Pizza geht es um mehr. Es geht um Ehrlichkeit. Tiefkühlprodukte geben vor, „original italienisch“ zu sein, in Wirklichkeit sind sie ein Baukasten aus Mehl, Fett und Süße. Die selbstgemachte Variante ist das Gegenteil. Sie ist kein Luxus, keine Pose, sondern schlicht ein Stück Selbstbestimmung zurück. Wer sie bäckt, weiß, dass Essen kein Trick ist, sondern Handwerk. Und er merkt: Der Unterschied zwischen Industrie und Küche lässt sich tatsächlich schmecken.

ⓘ Zucker in der Pizza. Eine handelsübliche Tiefkühlpizza enthält im Schnitt 8–12 Gramm Zucker, oft verteilt auf Teig, Soße und Wurst. Das entspricht drei bis vier Würfeln Zucker. Selbstgemachter Teig aus Mehl, Wasser, Salz und Hefe kommt ohne Zucker aus – wenn er über zwei bis drei Tage gehen darf.

Quellen-Nachweis
Verbraucherzentrale: Versteckter Zucker in Lebensmitteln (2023)
Stern.de: Zuckerfallen in Fertigprodukten (2022)
Utopia.de: Tiefkühlpizza und Nachhaltigkeit (2024)
Eigene Praxis: Rezeptentwicklung & Langzeitführung (2025)
YIVEE: Bitte warten, Ihre Suppe wird geladen (Video, 2025)
Pizzaiolo Luigi (bereits im TK7-Artikel verlinkt) zeigt im Video, wie man Pizza selbst zubereitet – und weshalb das Selbermachen schöner ist.

Der Pizzaiolo Luigi – den wir bereits im Thermomix TM7 -Artikel verlinkt hatten – zeigt in diesem Video, wie man eine Pizza selbst zubereitet. Und er erklärt auch, weshalb es einfach schöner ist, sie selbst zu machen..

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